Achtsamkeits-Meditation

«Achtsamkeit» ist eine bestimmte Art und Weise, aufmerksam zu sein. Sie ist eine Fähigkeit, die wir alle schon in einem gewissen Grad besitzen und die wir bewusst stärken können. Achtsam sein bedeutet, der gegenwärtigen Erfahrung wach und ohne Urteil zu begegnen. In diesem Gewahrsein entwickeln wir die Fähigkeit, uns selbst und anderen Offenheit, Akzeptanz und Fürsorge entgegen zu bringen.

Grundsätzlich ist Achtsamkeit eine universelle Fähigkeit, die in vielen östlichen und westlichen Weisheits-Traditionen wertgeschätzt wurde. Im Umfeld der buddhistischen Lehre wurde sie im Besonderen zu einem Angelpunkt der Lehre.

«Meditation» gilt heute – kultur- und schulenübergreifend – als Überbegriff für ein weites Spektrum verschiedener Möglichkeiten der Zentrierung. In der buddhistischen Lehre ist damit die Entfaltung des Geistes oder des Herzens gemeint. Diese vollzieht sich im Wesentlichen über das Üben von Achtsamkeit und Sammlung beim Atmen.

Die Grundidee der buddhistischen Lehre

Für fast alle buddhistischen Schulen bildet die Lehre von den «Vier Edlen Wahrheiten» das Zentrum der Lehre und den Ausgangspunkt ihrer Überlegungen. Diese sind:

  1. Es gibt im Leben Ungenügen und Leid.
  2. Ungenügen und Leid ist die Folge blinden Begehrens.
  3. Ungenügen und Leid kann aufgehoben werden, wenn sich die Aufmerksamkeit nicht länger in blindes Begehren verstrickt.
  4. Dieses «Entstricken» oder «Lösen» vollzieht sich durch das Beschreiten des Edlen Achtfältigen Weges mit seinen drei Schulungen – Weisheit, Ethik und Meditation –, die einander wechselseitig unterstützen:

Entwickeln von Weisheit   

  1. durch rechte Sichtweise und 
  2. rechte Intention

Ethische Lebensorientierung

 

  3. durch rechte Rede, 
  4. rechtes Handeln und 
  5. rechten Lebenserwerb / Lebensgestaltung

Meditation

 

  6. durch rechtes Engagement, 
  7. rechte Achtsamkeit und 
  8. rechte Versenkung

Meditation

Meditation, das ist im buddhistischen Verständnis eine ganz bestimmte Qualität des Innehaltens, liebevollen Hinspürens, Lauschens. In der Meditation öffnen wir uns sowohl für die Schönheit des Lebens wie für das, wovor wir gewohnheitsmäßig flüchten. Dabei entwickeln wir neue Möglichkeiten, mit schwierigen Emotionen geschickt umzugehen: Jeder Augenblick, in dem es uns möglich ist, die Aufmerksamkeit wieder sanft und konsequent zum direkten Erleben zurückzubringen, ist ein Augenblick der Zentrierung, Achtsamkeit und Stille.
Im allmählichen Entwickeln innerer Ruhe sensibilisieren wir uns für ein Wohlbefinden, das beständiger und erfüllender ist als kurzfristig erlebte Erleichterungen. Und wir können erkennen, dass unsere Probleme weniger mit den Widrigkeiten des Lebens selbst zu tun haben, als mit der Art und Weise, wie wir mit diesen umgehen.
Darüber hinaus beginnen wir nach und nach mit einer Weite unseres Geistes und unseres Herzens in Berührung zu kommen, die immer schon da ist. Infolge unserer Verstrickungen haben wir sie schlicht übersehen. Wenn wir mit ihr vertrauter werden, beginnt sich das Leben in einer ganz neuen Frische zu zeigen, die wir in unseren glücklichsten Augenblicken ansatzweise meist schon kennen gelernt haben. Aufgrund einer Täuschung sehen wir sie nur meist als Folge besonders glücklicher äußerer Umstände, anstatt bedingt durch unsere innere Einstellung.
Auch wenn wir immer wieder in alte Reaktionsmuster zurückfallen, ändert sich durch regelmäßige Meditationspraxis nach und nach unser Umgang mit uns selbst und anderen. Tief sitzende Blockaden und Fixierungen können sich lösen, womit sich für uns eine völlig neue Lebensqualität eröffnet. Das umfassende Lösen von Fixierungen nennt Buddha «Nirwana».

Buddhistische Meditation im Westen

Buddhistische Meditation ist im Westen für viele Menschen etwa seit den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts zunehmend bekannter geworden. Seit Anfang der 80-er Jahre wird sie in säkularisierter Form, also losgelöst vom religiösen Hintergrund, auch zunehmend im klinischen und psychotherapeutischen Kontext eingesetzt. — Meist wird sie dann – wie z. B. beim Stressbewältigungs-Programm MBSR oder der Rückfall-Prophylaxe MBCT – als «Achtsamkeits-Meditation» oder «Achtsamkeits-Training» bezeichnet.

Mittlerweile gibt es eine kaum noch zu überschauende Zahl wissenschaftlicher Untersuchungen, die deren gesundheitsfördernde Wirkungen belegen.

Persönlicher Zugang zur buddhistischen Lehre

Orientierung an der Theravada-Tradition und hier vor allem an der Lehre des thailändischen Meditationsmeisters Ajahn Buddhadasa (1906–1993):
Ajahn Buddhadasa war einer der maßgeblichsten Mitbegründer einer Reformbewegung, die heute als «Engagierter Buddhismus» bezeichnet wird. Für viele gilt Ajahn Buddhadasa als einer der größten buddhistischen Lehrer des 20. Jahrhunderts. Er widmete sein Leben der Erneuerung des Buddhismus durch Rückbesinnung auf seine Ursprünge und deren sozialpolitische und ökologische Relevanz. Seine Lehren sind kompromisslos direkt, aktuell und ökumenisch. Viele soziale Projekte und Reformen – sowohl auf nationaler wie globaler Ebene – gehen auf seinen Einfluss zurück.

Interkultureller Dialog

Die direkte Übernahme asiatischer traditioneller Positionen für Menschen unserer modernen westlichen Kultur bringt – bei aller Wertschätzung – ihre eigenen Probleme mit sich. Zum Teil ist das bedenklich, manchmal sogar gefährlich. Diesen Gefahren kann man begegnen durch einen erfahrungs- und dialog-orientierten Zugang zu östlicher Spiritualität. Dann kann sich jede und jeder Interessierte das nehmen, was für die eigene Entwicklung hilfreich ist. — Zwei zeitgenössische Disziplinen spielen dabei eine besondere Rolle:

  • Interkulturelle Philosophie: vor allem die Gedanken des spanisch-indischen Religionsphilosophen Raimundo Panikkar und des Japaners Keiji Nishitani
  • Psychologie: im Besonderen der Personzentrierte Ansatz Carl Rogers’

Grundsätze für das Unterrichten von Achtsamkeits-Meditation – worum ich mich bemühe

  • Verständnis dafür wecken, dass menschliche Wachstumsprozesse ähnlich dem Öffnen einer Blütenknospe sind: Unter günstigen Rahmenbedingungen – gute Erde, genügend Licht und Wasser, … – geschieht das Sich-Öffnen der Knospe ganz von allein.
  • die Notwendigkeit einer ausreichend stabilen Atem-Achtsamkeit als Basis für das Erkunden schwieriger Emotionen verständlich machen
  • zu Offenheit ermutigen, die Raum lässt für neue Sichtweisen und konstruktive Skepsis
  • Verständnis der «Lehrer»-Rolle als «spiritueller Freund» [kalyana-mitta], – also partizipatorisch: «Lehrer» und «Schüler» begegnen einander auf gleicher Augenhöhe. In einer jeden authentischen Begegnung zwischen «Lehrer» und «Schüler» lernen beide.
  • Honorierung des Lehrens am alten buddhistischen Prinzip der Freigiebigkeit [dana]